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Ist Mobile Payment der Trend der Zukunft?

Geringe Begeisterung in Deutschland

Zahlen mit dem Smartphone verspricht eine bequeme Lösung, um beispielsweise den Wocheneinkauf oder die Benzinquittung innerhalb kürzester Zeit zu begleichen. Der BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder geht sogar so weit und behauptet: „In Zukunft wird die Mobile Wallet die Geldbörse komplett ersetzen.“ Was Deutschland betrifft, ist das jedoch eine durchaus gewagte Behauptung.

Die deutschen Smartphonenutzer sind nicht gerade begeistert, wenn es ums Mobile Payment geht. Lediglich rund ein Drittel der Nutzer kann sich laut einer Umfrage von BITKOM und dem Marktforschungsinstitut Fittkau und Maaß vorstellen, mit dem Smartphone zu zahlen. Demgegenüber stehen allerdings 50 Prozent der Händler, die das Zahlen mit Near Field Communication (NFC) als den technologischen Nachfolger des Bargelds sehen. Hier das Mobile Payment in erster Linie über kontaktlose Kartenzahlung oder Apppayment. Das besagt zumindest das Ergebnis einer Umfrage von SIX Payment Services Anfang dieses Jahres.

Apple Pay: Erfolgreich im Ausland

Genau genommen in den USA und Großbritannien. Apple Pay ist bereits im Oktober 2014 gestartet und verfügt in den USA über 200.000 Akzeptanzstellen. Darüber hinaus sind In-App-Käufe, beispielsweise in den Apps von Delta Air Lines, Kickstarter, Best Buy oder Dunkin`Donuts möglich. Zusammen arbeitet Apple in den USA mit den bekannten Kreditkartenunternehmen MasterCard, American Express und Visa sowie mit einigen lokalen Banken. Mitte des Jahres können zudem britische Smartphone-User Apple Pay verwenden.

Jede Überweisung mit Apple Pay wird mit einem individuellen, einmaligen und dynamischen Sicherheitscode autorisiert. Hier versichert Apple, dass keine Kreditkarten- oder Bankkartennummer auf dem Server gespeichert wird. Um Apple Pay zu verwenden, ist es stattdessen notwendig, dass eine individuelle Gerätekontonummer erstellt, verschlüsselt und als sogenanntes „Sicheres Element“ auf dem Smartphone gespeichert wird.

Hier wird zurzeit jedoch die Zahl der potenziellen Apple-Pay-Nutzer deutlich minimiert: Das „Sichere Element“ ist erst ab dem iPhone 6, iPhone 6 Plus und Apple Watch verfügbar. Nichtsdestotrotz verzeichnet Apple Pay in den USA Erfolge: Kunden der Supermarktkette Whole Foods nutzten Apple Pay innerhalb von drei Wochen rund 150.000 Mal. Zudem kassiert McDonald`s laut Handelsblatt „jede zweite mobile Zahlung per Apple Pay.“ Spätestens mit iOS 9 soll das mobile Zahlungssystem noch relevanter für die Nutzer werden: Ab diesem Zeitpunkt unterstützt Apple Pay zusätzlich Bonusprogramme und Kundenkreditkarten oder Bankkarten in den USA.

Für Deutschland kann Apple vermutlich jedoch nicht ganz so viel Erfolg erwarten. Im hart umkämpften Smartphonemarkt hierzulande hält Apple einen deutlich niedrigeren Anteil. Zudem sind Kreditkarten, notwendig für Apple Pay, in Deutschland weit weniger verbreitet. Hier besitzt gerade mal jeder Dritte eine Kreditkarte.

Samsung Pay: Südkorea macht den Beta-Test

Samsung ist der nächste im Bunde, der auf Mobile Payment setzt. Hier möchte der Konzern mit dem Galaxy S6 den Konkurrenten Apple einholen. Dafür verlässt sich Samsung nicht nur auf NFC, sondern bindet zudem Magnetstreifen in das Mobile Payment ein. Dafür musste das Unternehmen Mobile Wallet LoopPay kaufen und in Samsung Pay umwandeln. Ziel ist es, dass Smartphonenutzer mit dem eigenen Fingerabdruck bezahlen können. Im Galaxy S6 und im S6 edge ist die erforderliche Hardware bereits integriert.

Für die Sicherheit sorgt bei jeder Zahlung ein Token, der nur ein Mal verwendet werden kann. Laut Samsung wird auch bei Samsung Pay die Kartrennummer nicht übertragen. Zurzeit testen 1000 registrierte Nutzer in Südkorea das mobile Bezahlsystem im Rahmen eines Beta-Tests. Notwenig ist hier die Kooperation mit MasterCard, Visa und acht lokalen Kreditkartenanbietern. Nach einem Bericht von BusinessKorea kämpft Samsung jedoch mit einigen Problemen: Die Verifizierung der Fingerabdrücke funktioniert nicht richtig. Zudem arbeiten gerade alte Kartenlesegeräte nicht immer zuverlässig mit der Magnetic Secure Transmission (MST) zusammen.

Probleme, die Samsung vermutlich über kurz oder lang in den Griff bekommt. Weitaus problematischer kann für den Erfolg von Samsung Pay vielmehr der sinkende Marktanteil im weltweiten Smartphonemarkt werden. Seit Jahren verzeichnet der Konzern einen Abwärtstrend: Der Statistikdienstleister Statista meldet, dass die Verbreitung von Samsungsmartphones von 32, 5 Prozent (2013) auf zurzeit 21,7 Prozent gesunken ist.

Android Pay: Seit 2015 neu im Rennen

Checkout und Google Wallet sind die Vorläufer von Android Pay, mit denen Google schon seit 2006 experimentiert. Allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Android Pay soll es nun finanziell richten. Genauso, wie bei Apple Pay, sollen Nutzer mit dem Smartphone direkt im Geschäft oder in Apps bezahlen können. Darüber hinaus ist es für Banken möglich, Android Pay als technische Basis zu nutzen.

Das mobile Bezahlsystem setzt auf die Nahfunktechnik NFC, damit eine Verbindung zwischen Kassensystem und Smartphone hergestellt werden kann. Starten in den USA soll Android Pay noch diesen Sommer. Nutzer sollen das Bezahlsystem in rund 700.000 Geschäften und Restaurants verwenden können. Mit dabei sind unter anderem Filialen von GameStop, Best Buy, Staples, McDonald`s, Toys`R`us und Subway. Darüber hinaus steht Android Pay Usern von den Apps Groupon, Uber oder Etsy zur Verfügung. Unterstützt wird das mobile Bezahlsystem von den Finanzpartnern Visa, American Express, MasterCard und Discover.

Gelingt es Google mit Android Pay ein anwenderfreundliches und funktionierendes Bezahlsystem zu etablieren, könnte das Unternehmen zu den Gewinnern im Mobile-Payment-Markt gehören. Immerhin besitzen mehr als drei Viertel aller Smartphones weltweit das mobile Betriebssystem Android.

Paypal: schon lange im Geschäft

Paypal ist der alte Hase im Geschäft mit dem mobilen Bezahlen. Während andere noch experimentieren, rechnet Paypal schon seit elf Jahren mobil ab. Paypal hat sich zu einem großen Online-Zahlungsanbieter entwickelt, der bei Händlern und Verbrauchern Vertrauen genießt. Und das weltweit. Alleine im letzten Jahr liefen eine Milliarde mobiler Zahlungen über das Unternehmen. Wir sprechen hier von einem Zahlungsvolumen von 46 Milliarden US-Dollar. Ein Wachstum von 68 Prozent (!) im Vergleich zu 2013. Somit liefen über Paypal weltweit im vergangenen Jahr zwölf Prozent der mobilen Zahlungen.

Durch eBay verfügt Paypal natürlich bereits über eine große Nutzerbasis. Neue Bezahlsysteme, wie Apple Pay oder Android Pay müssen erstmal so viele Nutzer generieren. Zwar verfügt Apple über rund 800 Millionen iTunes-Konten und Google über einen Smartphonemarktanteil von 75 Prozent, doch nicht jeder registrierte User ist automatisch Mobile-Payment-Kunde. Und Paypal will noch mehr. Das Unternehmen baut seine Zahlungsmöglichkeiten aus und betreibt fleißig Akquise.

So erweitert Paypal sein Angebot mit den Zukäufen von Braintree, Paydiant und Xoom. Durch die Braintree-Technik ist es beispielsweise möglich, seit Ende letzten Jahres Paypal One Touch zu nutzen. Eine Lösung für Paypal-In-App-Payment für Apps von Android und Apple. Selbst in Onlineshops lässt sich mit dem System bezahlen, insofern dieses vom Shopbetreiber integriert wurde. Nicht überraschend ist hier somit auch die Aussage von zahlreichen Einzelhändlern: Laut dem Ergebnis einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Ovum streben zukünftig 75 Prozent der Einzelhändler weltweit eine Zusammenarbeit mit Paypal an. Hier könnte es möglicherweise auch für Samsung und Apple interessant sein, eine Partnerschaft mit Paypal in Betracht zu ziehen, um die eigenen Nutzerzahlen zu verbessern.

Mpass: Die deutsche Lösung?

Mobile Payment und Deutschland passt einfach nicht richtig zusammen. Zumindest noch nicht. Apple Pay, Android Pay und Samsung Pay sind hierzulande nicht verfügbar. Smartphonenutzer können in Deutschland lediglich Paypal verwenden oder über einige Netzbetreiber mobil zahlen. Seit 2012 bieten Vodafone, Telefonica und Telekom das Mobile Payment über Mpass an.

Der elektronische Zahlungsverkehr über Mpass funktioniert per Wirecard und MasterCard basierend auf der Technologie von Maestro PayPass. Der Mpass-NFC-Sticker ermöglicht es, Nutzern mit dem Smartphone kontaktlos an der Kasse zu zahlen. Allerdings nur bei den Unternehmen Star- und Aral-Tankstelle, HIT-Supermarkt, Douglas, Christ, Thalia, Galeria Kaufhof, Karstadt und in O2-Shops sowie bei Vapiano und McDonald`s. Neu dabei seit Juli ist Aldi Nord. Allerdings kann auch der Discounter nichts daran ändern, dass die Grundvoraussetzung für ein flächendeckendes und erfolgreiches mobiles Zahlungsmittel anders aussieht. Praktisch ist Mpass immerhin, wenn man Kleinbeträge ausleihen und zurückzahlen möchte. Dazu benötigt man lediglich die Handynummer des Empfängers, vorausgesetzt natürlich, das beide die Mpass-App nutzen.

Armband oder Wearables

Nicht nur Smartphones sollen zukünftig mit dem Mobile Payment punkten. Auch Wearables oder Armbänder könnten in Zukunft für das mobile Bezahlsystem genutzt werden. Auf der diesjährigen Digital-Life-Design-Conference (DLD) hat Wirecard das Bezahlarmband Wirecard Smart Band vorgestellt. Der Bezahlvorgang erfolgt kontaktlos an einem NFC-Kassenterminal, indem der Träger das Armband lediglich davor hält. Die Zahlungstransaktion wird folglich in Echtzeit auf dem Armband und in einer dazugehörigen App angezeigt.

Der Wearable-Anbieter Jawbone nutzt beispielsweise einen NFC-Chip, den er für das Mobile Payment in sein Fitnessarmband Up4 integriert hat. Als Finanzpartner kommt jedoch lediglich American Express zum Einsatz. Ob der Komfort beim Bezahlen durch ein Wearable steigt, liegt jedoch im Auge des Betrachters. Solange zusätzlich zum Armband immer noch das Smartphone mit der entsprechenden App notwendig ist, wird der Erfolg der smarten Accessoires vermutlich auf sich warten lassen.

Peer-to-Peer-Payment und Start-ups

Nicht nur die Großen versuchen mit dem Mobile Payment Fuß zu fassen. Auch kleinere Start-ups, wie Cringle, Lendstar oder Elopay wagen sich mit Geldtransfers von Handy zu Handy auf den Markt. Cringle arbeitet seit Ende 2014 beispielsweise mit der Deutschen Kreditbank (DKB) zusammen. Das Münchner Unternehmen Lendstar ist hingegen eine Kooperation mit der Comdirect Bank eingegangen. Mit beiden Apps lässt sich Geld verleihen oder verschicken.

Darüber hinaus kann man mit Lendstar und Cringle Peer-to-Peer-Zahlungen (P2P) durchführen. Hier genügen die Handynummer und eine E-Mail-Adresse, um Geld zu überweisen. Das System bietet allerdings eine ideale Datenquelle, um Einsicht in die Finanzkraft und das Einkaufsverhalten der Nutzer zu bekommen. Hier sind Google und Facebook natürlich besonders am P2P-Payment interessiert.

Die Start-ups übernehmen bei dieser Form des Mobile Payments nur die Rolle des Vermittlers zwischen Bank und Kunde. Dadurch benötigen sie zwar keine Banklizenzen, sind jedoch auf die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Banken angewiesen. Wer hier nicht schafft, schnell eine große Masse Nutzer zu erreichen und sich unersetzlich zu machen, ist auch wieder schnell weg vom Fenster.

Andere Start-ups versuchen sich dem Mobile Payment über Apps zu nähern, mit denen der Kunde im Handel bezahlen kann. Hier beispielsweise PayCash, Yapital oder paji. Leider sind auch diese Bezahlsysteme nur Insellösungen und räumlich stak eingeschränkt. PayCash wird überwiegend in der Region Düsseldorf und NRW verwendet, paji ist im Raum Frankfurt und Wiesbaden aktiv. Einzig Yapital (gehört zur Otto-Group) bietet die größte Anzahl an Partnern, gilt jedoch auch noch lange nicht überall.

Warum hat Mobile Payment Startschwierigkeiten in Deutschland?

Die Gründe für die Startschwierigkeiten von Mobile Payment in Deutschland sind vielfältig Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern sieht beispielsweise ein Problem darin, dass es ein flächendeckendes Bezahlsystem wie die ec-Karte bislang nicht gebe. Zum gibt er zu bedenken, dass viele Unternehmer noch überlegen, ob sie überhaupt in die neue Technik investieren sollten. Immerhin sei die Akzeptanz in Deutschland noch sehr gering. Laut seiner Meinung liegt das vor allem daran, dass die Deutschen Bargeld und das Lastschriftverfahren liebten.

Doch nicht nur der potenzielle Kunde allein kann für die Startschwierigkeiten verantwortlich gemacht werden. Laut John Alexander Rehman, Head of Marketing and Communication bei PayOne, mangelt es den bisherigen Lösungen auch an Kundenfreundlichkeit. „Sie sind kompliziert und basieren oft auf einer Prepaidkarte, die die Kunden zusätzlich zu ihrer Kreditkarte bestellen müssen. Die Nutzer wünschen sich aber eine Lösung, die sich auf ihre Bedürfnisse und nicht auf das Geschäftsmodell eines Unternehmen fokussiert“, meint er.

Es gibt also noch viel zu tun, wenn sich das Mobile Payment in Deutschland etablieren soll. Nichtsdestotrotz ist sich Sascha Straub jedoch sicher, dass sich früher oder später das mobile Bezahlsystem durchsetzen wird. Der Trend sei nicht aufzuhalten. Zumal nach seiner Meinung die Möglichkeit, mit dem Smartphone in der Tasche schnell und jederzeit bargeldlos zu zahlen, einfach zu bequem sei. Allerdings merkt er auch die Kehrseite der Medaille an: „Eine Zahlung mit dem Smartphone ist nicht mehr anonym.“ Das hat auch Apple schnell erkannt und gießt mit dem letzten Patentantrag Öl ins Feuer: Je nachdem, wie hoch der Betrag ist, den ein Nutzer auf seinem Mobile-Payment-Konto hat, bekommt er Werbung für verschiedene Produkte angezeigt. Eine vertrauensbildende Maßnahme sieht anders aus.

Fazit

Gewinnen die Anbieter das Vertrauen potenzieller Nutzer, gehört Mobile Payment wohl die Zukunft. Wichtig für den Erfolg sind im Wesentlichen drei Punkte: Erfolgreiche Lösungen müssen sicher, unkompliziert und im besten Fall so weit verbreitet sein, wie die ec-Karte.

Bis die Verteilung der Marktanteile geregelt ist und der Verbraucher sich entschieden hat, welche Mobile-Payment-Lösung ihm zusagt, wird es mit Sicherheit noch einen Kampf unter den Anbietern geben. Als Sieger werden jedoch wohl nicht die klassischen Banken vom Feld gehen, sondern vielmehr die großen Konzerne wie Google, Apple oder Paypal. Wann die Zukunft mit Mobile Payment in Deutschland beginnt, bleibt jedoch noch eine offene Frage.

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